360° Feedback-Kultur im Unternehmen fördern! Das alternative Beurteilungssystem für Führungskräfte.

6. September 2022 | Eva Wey-Weibel (Afag Automation AG, Teilnehmerin HR-Community Zentralschweiz)

«Unser Prozess für die Mitarbeitenden-Gespräche sind nicht mehr zeitgemäss und wir können damit nicht wirklich etwas anfangen!» So oder ähnliche Aussagen erhalten HR-Fachleute vermehrt aus den Kreisen von Führungskräften. Wie kann man dem als HR-Fachperson entgegenwirken und den Beurteilungsprozess optimieren?

Es gibt sicherlich grosse Unterschiede in Schweizer Firmen, wie der Prozess bei Mitarbeitenden-Gesprächen wahrgenommen und umgesetzt wird. Als Erstes muss man sich überlegen, welchen Nutzen eine Beurteilung der Führungskraft für die verschiedenen Parteien wie z.B. Geschäftsleistung, Kollegen oder Mitarbeitende generiert.

Einerseits kann diese Beurteilung als Grundlage für eine leistungsbezogene Vergütung genutzt werden, andererseits wird dadurch die Grundlage für eine offene und transparente Kommunikation geschaffen, was eine positiv gelebte Unternehmenskultur ermöglicht. Diese Kultur hat wiederum Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens.

360° Feedback-Kultur anstelle des klassischen Mitarbeitenden-Gespräches

Die HR-Verantwortlichen sollten sich überlegen, was benötigt wird, um eine hohe Akzeptanz bei den Mitarbeitenden-Beurteilungen zu erreichen. Zudem muss eruiert werden, wie dieses Instrument gewinnbringend für das Unternehmen, die beurteilende und die beurteilte Person eingesetzt werden kann. Dabei besteht bei Führungspersonen die Möglichkeit den Ansatz eines 360° Feedbacks zu wählen.

Das 360° Grad Feedback unterscheidet sich gegenüber dem klassischen Mitarbeitenden-Gespräch, indem die zu beurteilende Person von mehreren Parteien Feedback erhält und somit eine Multiperspektivität auf ihre Leistungen.

Diese Art des Feedbacks hilft, die Fremd- und Selbstwahrnehmung zu vergleichen und eine ehrliche und offene Kultur im Unternehmen zu fördern. Dadurch entsteht für Führungskräfte ein ganzheitlicher Blickwinkel auf die zu beurteilenden Personen

Abbildung 1: Eigene Darstellung

Vorbereitung der Analyse sowie Festlegung der Fragen

Als Grundlage einer Umsetzung ist es wichtig, zu definieren, welche Dimensionen geprüft werden sollen. Dies könnten sein: Kompetenz, unternehmerische Haltung, Prioritätensetzungen, Ergebnis- und Zielorientierung, Durchsetzungsvermögen, Leadership, Emotionsmanagement oder Kommunikation. Wer für die Feedbacks ausgewählt wird, soll von der HR-Abteilung anhand der bestehenden Organisation und Projekte definiert werden. Wichtig bei allen Schritten ist die absolute Diskretion.

Wie viele Fragen definiert werden, hängt u.a. von den vorher definierten Dimensionen ab. Die Fragen müssen zwingend passend auf die Zielgruppe formuliert werden und im Idealfall werden bis zu 5 Bewertungskriterien vorgegeben. Die Personen, welche die Zielperson bewerten, dürfen nicht länger als 30 Min ihrer Zeit investieren.

Durchführung, Auswertung und Rückmeldung von Massnahmen

Die Auswertung muss zwingend durch die HR-Abteilung erfolgen, da es sich um hochsensible Daten handelt. Aus den einzelnen Feedbacks sollte ein anonymisierter und umfangreicher Bericht entstehen (textlich und/oder grafische Zusammenfassung). Mit der detaillierten Bewertung können anschliessend individuelle Massnahmen mit der Führungskraft definiert werden. Dies können beispielsweise eine Weiterbildung, entsprechende Verhaltensänderungen oder neue Zielvorgaben sein.

Erfolgskontrolle

Die Erfolgskontrolle kann in verschiedenen Varianten durchgeführt werden. Mittels eines persönlichen Gespräches oder auch einem Fragebogen.

Schlussfolgerung 

Das einmal gewählte Beurteilungssystem in einem Unternehmen muss nicht statisch sein und kann sich je nach Veränderungen im Unternehmen auch ändern oder anpassen. Das 360° Feedback für Führungskräfte ist ein wichtiger Bestandteil der gesamten Kultur im Unternehmen, auch im Zusammenhang mit dem Fokus auf Talentmanagement und Nachfolgeplanung. Bitte nicht den Grundsatz vergessen: Ohne Feedback kein Lernen!