09.2024
MWST-Teilrevision 2025
Das Parlament hat die Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) im Juni 2023 beschlossen. Am 21. August 2024 hat der Bundesrat die Teilrevision der Mehrwertsteuerverordnung verabschiedet. Das geänderte MWST-Gesetz und die Verordnung treten per 1. Januar 2025 in Kraft und führen zu einigen Änderungen. Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die Auswirkungen und den möglichen Handlungsbedarf.
NEUREGELUNG BEI DER SALDOSTEUER UND PAUSCHALSTEUERSATZMETHODE
Wechselfristen
Ab dem 1. Januar 2025 gelten neue Wechselfristen zwischen den verschiedenen Abrechnungsmethoden:
– Wechsel von der Saldosteuersatzmethode (SSS) oder von der Pauschalsteuersatzmethode (PSS) zur effektiven Methode: Dieser Wechsel ist nach einem Jahr möglich.
– Wechsel von der effektiven Methode zur PSS: Dieser Wechsel kann ebenfalls nach einem Jahr erfolgen. Bisher war diese Frist länger.
– Wechsel von der effektiven Methode zur SSS: Die Frist von drei Jahren bleibt bestehen. Ein Wechsel zwischen der effektiven Methode und der SSS-/PSS-Methode ist per 1. Januar 2025 ohne Einhaltung der üblichen Fristen möglich.
Korrekturen beim Methodenwechsel
Beim Wechsel von der effektiven Methode zur SSS-/PSS-Methode muss für alle im Unternehmen vorhandenen Gegenstände und Dienstleistungen, auf die bereits Vorsteuer geltend gemacht wurde, der Eigenverbrauch abgerechnet werden. Der Zeitwert der ursprünglich geltend gemachten Vorsteuer ist zum Zeitpunkt des Wechsels an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) zurückzuerstatten. Diese Abrechnung erfolgt in der letzten Abrechnungsperiode vor dem Wechsel.
Beim Wechsel von der SSS/PSS zur effektiven Methode kann die MWST auf dem Zeitwert der vorhandenen Gegenstände und Dienstleistungen in der ersten Abrechnungsperiode nach dem Wechsel als Vorsteuer geltend gemacht werden (sog. Einlageentsteuerung).
Anzahl der Steuersätze bei der Saldosteuersatzmethode
Unternehmen, die mehrere Tätigkeiten ausüben, können ab 2025 unbegrenzt viele Saldosteuersätze anwenden, sofern der Umsatzanteil einer Tätigkeit 10 % oder mehr beträgt. Bislang war die Anzahl der zulässigen Saldosteuersätze auf zwei begrenzt. Tätigkeiten mit demselben Saldosteuersatz, wie z. B. Maurerarbeiten und Plattenlegerarbeiten (jeweils 4,5 % SSS), werden bei der Ermittlung der Umsatzgrenze zusammengezählt. Die Regelung für die Mischbranchen entfällt.
Wegfall Steueranrechnung (Form. 1050, 1055, 1056)
Bisher konnte die Steueranrechnung für Exportumsätze, den Verkauf von individualisierbaren beweglichen Gegenständen oder für margenbesteuerte Objekte geltend gemacht werden. Wurde beispielsweise ein Kleid für CHF 200.00 exportiert, konnte dieses mit dem Saldosteuersatz von 2.1 % abgerechnet und eine Steuer von CHF 15.00 angerechnet werden, was zu einem Guthaben von CHF 10.80 führte. Diese Möglichkeit entfällt ab 1. Januar 2025.
Handlungsbedarf
Haben Sie bisher nach der Saldosteuersatzmethode abgerechnet? Wir empfehlen zu prüfen, ob ein Wechsel zur effektiven Methode sinnvoll ist. Die Erhöhung der Anzahl Saldosteuersätze kann zu einer veränderten MWST-Zahllast führen. Die Einführung der Vorsteuerkorrekturen beim Methodenwechsel ermöglicht es, bislang nicht abgezogene Vorsteuern auf Investitionen rückwirkend zum 1. Januar 2025 geltend zu machen.
Haben Sie bisher von der oben genannten Steueranrechnung profitiert? Wir empfehlen zu prüfen, wie hoch der Ausfall ist und ob ein Wechsel zur effektiven Methode Sinn macht.
Möchten Sie die Saldosteuersatzmethode beibehalten? Wir empfehlen, Ihre Geschäftstätigkeiten zu prüfen, insbesondere wenn Sie verschiedene Tätigkeiten ausüben. Falls eine Tätigkeit die Umsatzgrenze von 10 % übersteigt, kann künftig der entsprechende Saldosteuersatz angewendet werden. Dies bedarf einer Anpassung der internen Buchhaltung und der MWST-Abrechnung.
JÄHRLICHE ABRECHNUNGSMÖGLICHKEIT
Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als CHF 5.005 Mio. (inkl. MWST) können ab 2025 zur jährlichen Abrechnung wechseln, statt wie bisher quartalsweise (effektive Methode) oder halbjährlich (Saldosteuersatzmethode) abzurechnen. Anträge zur Umstellung müssen bis Ende Februar bei der ESTV eingereicht werden. Die Genehmigung hängt davon ab, ob die letzten drei Steuerperioden korrekt und fristgerecht abgerechnet wurden. Bei der jährlichen MWST-Abrechnung müssen drei Raten (effektive Methode) oder eine Rate (Saldosteuersatzmethode) im Voraus bezahlt werden. Die Basis ist die Vorjahresperiode. Mit der letzten Abrechnung der Steuerperiode wird dann die Differenz nachgezahlt. Die jährliche Abrechnung muss mindestens für eine Steuerperiode (ganzes Kalenderjahr) beibehalten werden.
Handlungsbedarf
Für kleine Unternehmen kann es sinnvoll sein, die jährliche Abrechnung in Betracht zu ziehen. Dieser Wechsel vereinfacht administrative Prozesse, erfordert jedoch eine sorgfältige Planung, um finanzielle Belastungen durch zu geringe Vorauszahlungen zu vermeiden. Die Umstellung sollte frühzeitig beantragt werden.
NEUE ORTSDEFINITION
Ab 1. Januar 2025 wird das Empfängerortsprinzip auf die Organisation von Veranstaltungen als Dienstleistung angewendet. Dienstleistungen in den Bereichen Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft, Unterricht, Unterhaltung oder ähnliche Leistungen, die gegenüber physisch anwesenden Personen erbracht werden, werden neu am Ort der Veranstaltung mit der MWST besteuert. Bei Hybridveranstaltungen, die sowohl physisch als auch digital stattfinden, richtet sich der Steuerort individuell nach der erbrachten Leistung.
Handlungsbedarf
Unternehmen, die Veranstaltungen organisieren oder daran beteiligt sind, sollten prüfen, ob sich der Steuerort durch diese Änderung verschiebt und ihre MWST-Abrechnung entsprechend anpassen. Besonders bei hybriden Veranstaltungen ist eine Trennung der Leistungsempfänger notwendig, um die korrekten Steuersätze anzuwenden.
PLATTFORMBESTEUERUNG
Plattformen, die den Kauf zwischen Käufer und Verkäufer vermitteln und abwickeln, werden ab 2025 als Leistungserbringer betrachtet. Versandhändler/Verkäufer, die auf solchen elektronischen Plattformen tätig sind, erbringen neu ihre Lieferung an die Plattform (1. Lieferung), was ihre Steuerpflicht auslösen kann. Die elektronische Plattform erbringt wiederum eine Leistung an den Endkunden (2. Lieferung). Um sicherzustellen, dass die steuerlichen Verpflichtungen (Deklaration und Zahlung) erfüllt werden, können sowohl der Verkäufer als auch die Plattform haftbar gemacht werden (subsidiäre Haftung). Zudem werden allgemeine Auskunftspflichten und strengere administrative Massnahmen eingeführt.
Ausländische Plattformen sind von der Anwendung der Saldosteuersatzmethode ausgeschlossen.
Handlungsbedarf
Unternehmen, die über Online-Plattformen verkaufen, sollten ihre Verträge und Abrechnungssysteme überprüfen, um sicherzustellen, dass sie den neuen Vorschriften entsprechen. Plattformbetreiber müssen sich bewusst sein, dass sie nun als steuerpflichtiger Leistungserbringer gelten und haften. Gegebenenfalls müssen sich ausländische Plattformen bei der Schweizer MWST registrieren.
WEITERE ÄNDERUNGEN
– Wird eine Zahlung eines Gemeinwesens als Subvention oder öffentlich-rechtlicher Beitrag deklariert, gilt sie als Subvention im Sinne des MWST-Gesetzes. Dies führt zu einer Kürzung der Vorsteuer bei der Empfängerin. Beim Erstellen von Abrechnungen und Verträgen muss dies berücksichtigt werden.
– Definition von Schriftlichkeit: Ab spätestens 2027 können alle Eingaben, Anträge und Abrechnungen nur noch über das Portal der ESTV eingereicht werden. Ansonsten werden sie zurückgewiesen. Für einige Geschäfte wird bereits ab 2025 nur noch das Portal akzeptiert (z.B. jährliche MWST-Abrechnung). Unternehmen, die bisher noch Papierabrechnungen eingereicht haben, sollten sich frühzeitig im ESTV-Portal registrieren.
– Ab 2025 muss die Organisation der Krankenpflege nicht mehr als gemeinnützige Organisation ausgestaltet sein, um von der MWST ausgenommene Leistungen zu erbringen. Ebenso werden Leistungen von Ambulatorien, Tageskliniken und koordinierten Versorgungssystemen (wie Managed Care) von der MWST ausgenommen.
– Die bisherige Verpflichtung, Sicherheitsleistungen für die Anmeldung ausländischer Unternehmen im Schweizer MWST-Register zu erbringen, entfällt. Dies reduziert den administrativen Aufwand und die Kosten für ausländische Unternehmen, die in der Schweiz Leistungen erbringen.
– Ab 1. Januar 2025 sind Entgelte für die Zulassung zur Teilnahme an kulturellen Anlässen inkl. den darin eingeschlossenen Nebenleistungen (z.B. Teilnahmegebühr an einem Musikwettbewerb) von der MWST ausgenommen.
– Die ESTV kann ab 2025 von einem geschäftsführenden Organ einer juristischen Person eine Sicherheitsleistung für geschuldete Steuern, Zinsen und Kosten verlangen, wenn das Mitglied bereits in mindestens zwei weiteren juristischen Personen tätig war, die kurz nacheinander in Konkurs gegangen sind und ein strafbares Verhalten vermutet wird.
FAZIT
Die MWST-Teilrevision 2025 bringt wesentliche Änderungen mit sich, die eine Überprüfung und Anpassungen des bisherigen Abrechnungssystems erforderlich machen. Gerne unterstützen wir Sie sowohl bei der Analyse als auch bei der Umsetzung.