Abschaffung des Eigenmietwerts – ein Systemwechsel im Schweizer Steuerrecht

Abschaffung des Eigenmietwerts – ein Systemwechsel im Schweizer Steuerrecht

Am 28. September 2025 hat die Schweizer Stimmbevölkerung die Abschaffung des Eigenmietwerts angenommen. Damit fällt ein seit Jahrzehnten prägendes Element der Besteuerung von selbstgenutztem Wohneigentum weg. Für Eigentümerinnen und Eigentümer bringt der Entscheid weitreichende steuerliche Folgen – je nach Finanzierung, Unterhaltssituation und Investitionsplanung können die Auswirkungen erheblich sein. Das Inkrafttreten des neuen Systems ist frühestens per 1. Januar 2028 vorgesehen.

 

DAS AKTUELLE SYSTEM
Der Eigenmietwert gilt als sogenanntes Naturaleinkommen. Eigentümerinnen und Eigentümer müssen ein fiktives Einkommen versteuern, das dem Mietwert ihrer selbstgenutzten Liegenschaft entspricht. Die Höhe wird kantonal festgelegt und liegt in der Regel bei rund 60–70 % der Marktmiete.

Im Gegenzug dürfen Schuldzinsen, werterhaltende Unterhaltskosten sowie Investitionen in Energie- und Umweltschutzmassnahmen vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Diese Systematik führt dazu, dass stark fremdfinanzierte Eigentümerinnen und Eigentümer durch Zinsabzüge steuerlich entlastet werden, während schuldenfreie Eigentümerinnen und Eigentümer den Eigenmietwert als Mehrbelastung empfinden.

 

DAS ÄNDERT SICH
Mit der Abschaffung des Eigenmietwerts entfällt dieses fiktive Einkommen vollständig. Im Gegenzug werden zentrale Abzugsmöglichkeiten aufgehoben oder eingeschränkt:

– Kein Eigenmietwert mehr als steuerbares Einkommen für selbstgenutzte Liegenschaften.
– Kein Abzug von Unterhalts-, Energie- oder Umweltschutzmassnahmen beim selbstgenutzten Wohneigentum; kantonale Ausnahmen bleiben für Energie- und Umweltschutzmassnahmen vorbehalten.
– Schuldzinsen sind künftig grundsätzlich nicht mehr abzugsfähig. Bei gemischt genutztem oder teilweise vermietetem Wohneigentum bleibt ein quotaler Abzug weiterhin möglich. Für Ersterwerbende von selbstgenutzten Liegenschaften besteht zudem eine zeitlich befristete und degressiv ausgestaltete Ausnahmeregelung.
– Die Kantone dürfen neu eine Objektsteuer auf überwiegend selbstgenutzten Zweitliegenschaften einführen, um den Wegfall der Eigenmietwertbesteuerung teilweise zu kompensieren. Diese Objektsteuer knüpft ausschliesslich an das Objekt an und ist somit ei-ne spezielle Vermögenssteuer im Sinne des neuen Art. 127 Abs. 2bis BV.

 

WER PROFITIERT – WER VERLIERT
Begünstigt wird:
– Eigentümerinnen und Eigentümer von selbstgenutzten Liegenschaften mit keiner oder nur geringer Hypothek, da der Wegfall des Schuldzinsabzugs für sie kaum ins Gewicht fällt.
– Eigentümerinnen und Eigentümer von selbstgenutzten Liegenschaften, bei denen in absehbarer Zeit kein grösserer Sanierungs- oder Unterhaltsbedarf besteht.

Benachteiligt wird:
– Eigentümerinnen und Eigentümer von Liegenschaften mit mittelfristigem Sanierungsbedarf, da diese Aufwendungen nach dem Systemwechsel nicht mehr steuerlich abgezogen werden können.
– Eigentümerinnen und Eigentümer mit hohen Hypotheken, die bisher stark vom Schuldzinsabzug profitierten.
– Junge Familien und Ersterwerbende mit hoher Fremdfinanzierung, wobei für Ersterwerbende während einer Übergangsphase eine zeitlich befristete Erleichterung beim Schuldzinsabzug vorgesehen ist.
– Personen mit privaten Schuldzinsen ohne direkten Zusammenhang zu Erträgen aus vermietetem unbeweglichem Vermögen, etwa zur Finanzierung einer Unternehmensnachfolge, einer Beteiligung oder eines Konsumkredits, sind künftig benachteiligt. Solche Zinsen sind nach der neuen quotal-restriktiven Regelung nicht mehr abzugsfähig.

Der Systemwechsel führt somit zu einer deutlichen Verschiebung – weg von der steuerlichen Förderung der Verschuldung, hin zu Eigenkapital und langfristiger Stabilität.

 

HANDLUNGSBEDARF UND STEUERPLANUNG
Die Übergangszeit bis zum Inkrafttreten bietet Gelegenheit, steuerliche und finanzielle Weichen richtig zu stellen:

– Sanierungen bei selbstgenutzten Liegenschaften vorziehen, um die heutigen Abzugsmöglichkeiten noch zu nutzen.
– Finanzierung der selbstgenutzten Liegenschaften überprüfen, da der Schuldzinsabzug künftig entfällt. Eine Reduktion der Hypothek kann sich langfristig positiv auswirken.
– Bei Stockwerkeigentümergemeinschaften (STWEG) empfiehlt sich eine Prüfung, ob anstehende Sanierungen zeitlich oder finanziell noch vor dem Systemwechsel umgesetzt werden können. Bei zusätzlichen Einlagen in den Erneuerungsfonds wäre zu prüfen, ob diese steuerlich als abzugsfähig anerkannt werden.
– Kantonale Gesetzgebungsverfahren beobachten, insbesondere im Hinblick auf mögliche Sonderregelungen zu Energie- und Umweltschutzmassnahmen.

 

FAZIT
Die Abschaffung des Eigenmietwerts markiert einen grundlegenden Systemwechsel im schweizerischen Steuerrecht. Selbstgenutztes Wohneigentum wird künftig nicht mehr als Einkommensquelle, sondern als Vermögensbestandteil behandelt. Damit verliert die steuerliche Optimierung über Fremdfinanzierung an Bedeutung, während Investitionsentscheide und eine langfristig ausgerichtete Vermögensplanung an Gewicht gewinnen.

Wer die eigene Situation frühzeitig analysiert und anstehende Entscheidungen – etwa zu Unterhalt, Finanzierung oder gemeinschaftlichen Sanierungen – rechtzeitig plant, kann den Systemwechsel optimal gestalten. Wir begleiten Sie gerne mit einer individuellen Beurteilung Ihrer steuerlichen und finanziellen Ausgangslage.

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